Ohne Grundlagen geht es nicht: Lernen durch Engagement

Ein Gastbeitrag unserer Projektpartner “Beteiligungsfüchse”:

In der Woche vom 21.-25. Oktober fand die Lernen durch Engagement Grundlagenfahrt für alle 8. Klassen der Max-Beckmann Oberschule statt. Im Rahmen einer zweitägigen Fahrt mit je drei Klassen zum Jugenddorf am Ruppiner See erhielten die SchülerInnen einen teils spielerischen und teils herausfordernden Zugang zur zukunftorientierten Lehr- und Lernform “Lernen durch Engagement” (LdE, engl. “Service-Learning”), die sie in den nächsten Monaten begleiten wird: Nach einer Analyse der Bedarfe (Probleme, Herausforderungen) des Kiezes rund um die Schule werden SchülerInnen in Form eines LdE-Projekts im Kiez aktiv und erleben dabei in einem selbst geplanten Projekt was es bedeutet, sich zivilgesellschaftlich zu engagieren.

Dabei ist die Integration von Lernen durch Engagement in den Schulalltag der Max-Beckmann Oberschule nur eine von mehreren demokratiepädagogischen Instrumenten, die in ihrer Gesamtheit den gemeinsam mit den Beteiligungsfüchsen eingeschlagenen Weg demokratischer Schulentwicklung ausmachen. Dieser führt in diesem Schuljahr bereits das dritte Mal zu den SchülerInnen aus der 8. Klasse, die sich nach einer gelungenen, auftaktgebenden Grundlagenfahrt innerhalb des “Ehrenamtsnetzwerks-Schule-Kiez” an die Arbeit machen wollen.

 

Lernen durch Engagement – was ist das eigentlich?

 

„Lernen durch Engagement“ ist eine zukunftsorientierte Lehr- und Lernform, die das Lernen in der Schule mit einem zivilgesellschaftlichen oder auch bürgerschaftlichen Engagement verbindet und somit eine Schnittstelle zwischen Lernen im schulischem Kontext und sozialräumlichen Bedarfen von jungen Menschen realisiert. Die von SchülerInnen geplanten und gemeinsam mit einem gemeinwohlorientierten “Engagementpartner” umgesetzten Projekte zielen in ihrer Umsetzung auf eine Besserung eines realen Bedarfes im Kiez ab. Während und im Anschluss an den von Partizipation und Reflexion getragenen Arbeitsprozess werden SchülerInnen in eine Lage versetzt, in der sie sich in ihrem Handeln als selbstwirksam begreifen und somit viele Lerneffekte auf Ebene der Sozial- und Demokratiekompetenzen freisetzen können.

Durch ihre sozialräumliche Orientierung nahe der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen im Kiez, trägt die Lernform zur Öffnung der Schule in diesen Kiez bei. Diese ist nicht nur ein Gewinn für die Schule, durch den die Lebenswelt der SchülerInnen (die offensichtlich nicht am Schultor endet) mit LdE in die Schule geholt wird, sondern es findet sich darin ein zentraler Gedanke des ganzheitlichen Bildungsbegriffs wieder: Bildungsprozesse finden überall statt und jede Lernverknüpfung in die persönliche Lebenswelt des Lernenden, ist als eine gewonnene und reflektierte Lernerfahrungen manifestiert.

 

In der Auseinandersetzung mit den Herausforderungen der zukünftigen Arbeitswelt wird schnell klar, dass vor allem Kreativität, Kommunikationsfähigkeit, Empathie die damit einhergehende Fähigkeit im Team zu arbeiten und die hochgelobte Problemlösungskompetenzen in Zukunft gefragter denn je sein werden. In einer sich wandelnden Welt, in der eine unbeschreiblich große Bandbreite von Informationen mit wenigen Handgriffen verfügbar wird und 60 Prozent der jetzt 15-jährigen in Berufen arbeiten werden, die es jetzt noch gar nicht gibt und es umgedreht in 10-15 Jahren viele Berufe von heute in der Form kaum mehr geben wird, darf sich schulisches Lernen längst nicht nur noch mit dem Erlernen einer möglichst großen Bandbreite von Fachwissen beschäftigen. Dort setzt Lernen durch Engagement an.

 

Was ist konkret passiert bei den Grundlagentagen?

 

Tag 1

Der erste Tag stand unter dem Stern des Kennenlernens von Lernen durch Engagement und dem Team-Building.

Mit motivierenden und begrüßenden Worten durch den Schulleiter der Max Beckmann Oberschule, Herr Holtmann, über digitale Wege, einem Begrüßungsclip der Stiftung Lernen durch Engagement und einem Videoclip, der in die Theamtik des Lernens durch Engagements einführte, startete der Tag. Eine Auseinandersetzung mit dem  Lernen des 21. Jahrhunderts und ein Austausch über aktuell bewegende Jugendthemen anhand der Shell-Jugendstudie mündete in einer assoziativ-reflektiven Sammlung der Gedanken zum Gehörten auf Papier, die viele spannende Ideen hervorbrachte und erste tolle Gedanken festhielt.

Zwei Übungen, die die Klasse als Team vor Herausforderungen stellte, zu deren Bewältigung sie gemeinsam eine geeignete Strategie entwickeln und diese dann entsprechend umsetzen mussten, zeigten sichtbar Wirkung. Im Anschluss führte der weitere Tagesverlauf über das Mittagessen in ein großes Workshopkarussel mit sechs Stationen, die die verschiedenen Phasen von LdE thematisierten, die Fähigkeit des Reflektierens übten, den Ausdruck “realer Bedarfe” erläuterten und durch die Lernen durch Engagement besser vorstellbar und von anderen Unterrichtsformen unterscheidbar werden konnte. Den Abend markierte ein Erlebnis in der Natur: Nach einem Input zum ruhigen und richtigen Verhalten im Wald, gingen die SchülerInnen in zweier Teams  beim “Wolfspfad” gestaffelt durch einen Wald, bei dem ihnen der Weg durch Kerzen am Wegesrand gezeigt war. Dabei war jedes Laufpaar in der Verantwortung, der hinter ihnen laufenden Gruppe ein Lichtzeichen zu geben und somit zu signalisieren, dass weitergelaufen werden konnte. Hier waren dei SchülerInnen gefragt alle Sinne in einer unbekannten und vielleicht etwas gruseligen Umgebung einzusetzen, um diese Herausforderung zu bestehen. Nach einer kurzen Reflektion zu den Erlebnissen im Wald wartete wieder angekommen im Jugendhaus für alle Stockbrot am Lagerfeuer.

 

Tag 2

Den individuellen Start in den zweiten Tag läutete die KlassenlehrerInnen persönlichein – die gemeinsame Zeit sollte genutzt werden, um bereits mit der Sammlung von Projektideen zu beginnen und gemeinsame Schritte zu planen. Im Klassenverbund planten die Klassen fernab der gewohnten Klassenraumatmosphäre erste Umsetzungen zu ihren Projektideen und sprachen dabei sogar schon über das Abschlussfest zur Anerkennung ihres Engagements im Kiez am Ende des Schuljahres. Nach dem Mittagessen gab es abermals Gelegenheit im Klassenverbund das kommende Projektjahr zu planen, bis die Schülerinnen und Schüler schließlich in Form eines “Mini-Tests” ihrer Erkenntnisse und Lernfortschritte der letzten zwei Tage bewusst wurden. Der Tag endete mit ermunternden Grußworten der Wahlkreisabgeordneten des Auguste-Viktoria Kiezes Emine Demirbüken-Wegner und anschließendem Feedback zu den vergangenen zwei Tagen. Zum feierlichen Abschluss der erfolgreichen und gelungenen Grundlagenfahrt erhielten alle SchülerInnen von Georg Mastritsch und Michael Siegel, den beiden Geschäftsführern der Beteiligungsfüchse, sowie von LehrerInnen die LdE-Experenkarte überreicht – sichtbar stolz traten die frisch gebackenen LdE-Experten den Heimweg an.

 

Ein Markt voller Möglichkeiten

 

In diesem Jahr fand zum ersten mal direkt im Anschluss an die Grundlagenfahrten der Markt der Möglichkeiten statt.

Rund zehn Träger, Organsiationen und Personen aus dem Kiez stellten den SchülerInnen ihre Projekte und Anliegen vor und diskutierten mit ihnen über Bedarfe und Herausforderung des Kiezes. Schon aus diesen Gesprächen ließen sich spannende Projektmöglichkeiten ableiten. Vorher hatten die Eingeladenen “LdE” in einer Kurzvorstellung bei Kaffee und Kuchen kennenlernen können. Dann ging es an die Stände zu denen die SchülerInnen der 8. Klassen über zwei Schulstunden eingeladen waren. Die allermeisten der SchülerInnen zeigten sich überaus interessiert und hatten viele Fragen. Das von ihnen gezeigte Interesse und Selbstbewusstsein im Gespräch gegenüber den anwesenden, möglichen Engagementpartnern imponierte nicht nur den eingeladenen Organisationen, sondern auch uns und den LehrerInnen. Wir sind davon überzeugt, dass es uns gelungen ist, die SchülerInnen für LdE zu interessieren und sogar zu begeistern.

 

Was denken eigentlich die SchülerInnen von der Fahrt?

 

Während des Tagesabschlusses hatten SchülerInnen Gelegenheit, nach bestimmten Fragepunkten (das hat mir gefallen/ das hat mir nicht so gut gefallen/ das möchte ich noch sagen) Feedback für die Fahrt zu geben. In der Auswertung des Feedbacks wird schnell klar, dass vor allem die Nachtwanderung, das Lagerfeuer und die über die Tage verteilten Teamspiele Highlights waren, die fast alle SchülerInnen begeisterten. Dagegen wurde sich an vielen Stellen mehr Freizeit und Pausenzeit gewünscht und an ebenso vielen Stellen Kritik am Essen geübt. Herzerwärmend waren dagegen Sätze, die in der letzten Spalte (das möchte ich noch sagen) zu lesen waren: “Es war eine schöne Zeit” und “Danke für alles” sind Beispiele hierfür.  Klassiker wie “WLAN war nicht da” durften natürlich auch nicht fehlen.

 

Bei einer assoziativen Sammlung am Anschluss an die Video-Clips und die Auseinandersetzung mit der Shell-Jugendstudie am ersten Tag, wurden Gedanken der SchülerInnen auf Papier festgehalten. Außerdem haben wir ein paar Originaltöne dieser Arbeitsphase eingefangen:

 

“LdE kann helfen, die Lernprozesse zu verbessern”

“Greta ist voll krass. Und wie sie mit den Politikern spricht.”

“Die E-Scooter sind schlecht, weil die Batterien in anderen Ländern hergestellt werden. Das ist auch klimaschädlich. Nur nicht bei uns. Außerdem ist das ungerecht. Das ist Klimarassismus!”

“Ich verstehe nicht, warum Trump eine Mauer bauen will.”

“Nur Erwachsene machen Politik und Jugendliche fragt keiner. Vallah die nehmen uns nicht mal ernst!”

 

Zur Frage “Was bedeutet Engagement” fielen folgende Statements:

“Man kann helfen.”

“Man kann sich informieren, sich mit einem Thema auseinandersetzen und anderen helfen.”

 

Ausblick

 

In den nächsten Wochen und Monaten werden nun die Projekt umgesetzt, die voraussichtlich Ende Mai bei einem großen Abschlussfest auf dem Schulhof der Max-Beckmann Oberschule die ihnen gebührenden Anerkennung finden werden – wenn es soweit ist, informieren wir auf unserer Website und auf Facebook.

 

Danksagung

 

Wir möchten allen Beteiligten der Grundlagenfahrt, allen Teamenden vor Ort, dem Team des Jugenddorfes am Ruppiner See, allen Gästen des Markts der Möglichkeiten, den teilhabenden LehrerInnen, den SchülerInnen des 8. Jahrgangs der Max-Beckmann Oberschule und allen sonstig Beteiligten für die Unterstützung und das Gelingen der Grundlagenfahrten 2019 danken.